Vorbilder

Bringen wir gemeinsam ein Leuchten in diese Welt

Tue Aug 05 2025
Bringen wir gemeinsam ein Leuchten in diese Welt
Diese Woche möchte ich eine Geschichte mit Euch teilen, die ich vor einiger Zeit über die mir liebste Zeit im Jahr geschrieben habe. Es wimmelt nur so an Vorbildern darin. Neben dem einen sehr großen, welches uns Menschen schon seit Jahrtausenden begleitet und seine Botschaft von Generation zu Generation zu Pferde weiterträgt, sind es vor allem die vielen kleinen Vorbilder, weltweit verbunden durch ihren unvoreingenommenen Blickwinkel, die mich beeindrucken, erstaunen und die es verdient haben, jedes einzelne Kind auf dieser Welt, dass es gehört wird, dass es in Frieden aufwächst und dass sein Leben nicht von Großen, die gar nichts verstanden haben, zerstört wird. Unterschätzen wir nicht die Macht der Mit-Menschlichkeit, der Toleranz und der Hoffnung. Lassen wir uns nicht lahmlegen, in die Irre führen und fälschlicherweise davon überzeugen, dass unsere Stimme nichts wert ist, die vielen kleinen Gesten und Taten nichts verändern würden. Auch in der dunkelsten Stunde reicht ein kleines Licht, um unendlich viele zu entzünden.

St. Martin

„<<St. Martin war ein guter Mann...>>, krächzte ich heiser und völlig schief. Es ist bestimmt schon das 387igste Mal in diesem Jahr, dass wir das Laternenbuch lesen. Meine Tochter liebt es über alles. Schon als sie ganz klein war, wollte sie fast nur dieses Buch hören. Egal zu welcher Jahreszeit. Sie konnte es schon mitsprechen, korrigierte mich empört, wenn ich einen Satz falsch las und fieberte jedem einzelnen Lied entgegen, da war sie gerade mal zwei Jahre alt. Und ganz ehrlich-ich bin so glücklich darüber! Ich habe diese Zeit im Jahr auch schon immer geliebt. Die Laternenzeit bringt so viel Wärme und Leuchten in den Herbst. Auch wenn die bunten Blätter schon ab kurz nach Mittag in der Dunkelheit verschwinden, es gibt kaum etwas, das eine solche Farbenpracht in mir zum Strahlen bringt. Meiner Tochter scheint es ähnlich zu gehen. Kaum ist der Sommerurlaub vorbei, fragt sie mich, wann denn nun endlich Laternen gebastelt werden im Kindergarten. Und wann ist denn nun endlich genug Wind, um den Drachen steigen zu lassen? Hm, nur noch 67 Millionen Tausendmal mal schlafen...

Ich sehne sie auch immer herbei, diese Zeit. Ganz ohne große Anstrengungen bietet sie so viel Raum für ein Miteinander. Ganz von selbst wird gelacht, gesungen und geteilt. Beieinander gesessen bei Kuchen, Keksen, Brezeln und Tee, oder warmem Kakao. Man selbst fühlt sich wieder wie damals, als man voller Sehnsucht auf diesen einen Abend gewartet hat, an dem man mit eiskalter Nase, roten Wangen und eingemummelt bis zum geht nicht mehr endlich mit der selbst gebastelten Laterne gehen durfte. Mit einer richtigen Kerze! Ganz viel Mühe hab ich mir gegeben, damit auch ja kein Feuer entsteht. Ab und zu hab ich mal kurz den Blick abgewendet, zur großen Schwester und den anderen „Großen“, die schon eine Fackel tragen durften. Eines Tages wäre ich auch endlich soweit. Ich wollte außerdem immer unbedingt auch mal die sein, die auf dem echten Pferd den Martinsumzug anführt. Das erschien mir die größte Ehre überhaupt zu sein.

Und am Ende gab es dann endlich die leckerste Martinsbrezel aller Zeiten. Mit dicken Hagelzuckerkörnern obendrauf. Das jetzt alles mit meinen eigenen Kindern teilen zu können, es nochmal aus anderer Perspektive erleben zu dürfen, ist ein großes Geschenk. Zu sehen, wie selbstverständlich es ist für die Kinder zu teilen, sich gegenseitig zu helfen und dann gemeinsam dieses wunderbare Ereignis zu feiern- einfach unbezahlbar. Übrigens ganz unabhängig von Glaubenszugehörigkeiten, kultureller Prägung, oder sonstigen Überzeugungen. Den Kindern ist das völlig egal. Sie alle haben die gleiche Begeisterung in sich. Sie alle spüren, worum es geht. Die gleiche Faszination für den guten Martin, der völlig unvoreingenommen dem armen Mann hilft. Es gibt so viel mehr, das uns verbindet. Als Menschen. Kinder wissen das einfach. Uns Erwachsene muss man regelmäßig daran erinnern, dass das so ist und dass Unterschiede das Leben bereichern, es spannend machen können. Dass wir davor keine Angst haben müssen. Dass sie vielmehr für Austausch und Weiterentwicklung sorgen können. Den eigenen Horizont erweitern. Den Fokus auf ein friedliches und respektvolles Miteinander legen. Nehmen wir uns doch wie so oft einfach ein Beispiel an unseren Kindern. Bringen wir gemeinsam ein Leuchten in diese Welt!“
ES

Eva Schell

Schreiben ist meine Sprache.